Beschluss: 4. neXTgender - Das Prinzip Gender Mainstreaming
Originalversion
| 1 | Los geht’s, beginnen wir mit der Definition von GM: |
| 2 | |
| 3 | Gender |
| 4 | Der englische Begriff »gender« wurde gewählt, weil die |
| 5 | englische Sprache anders als die deutsche, die nur über den |
| 6 | Begriff »Geschlecht« verfügt, eine Unterscheidung zwischen |
| 7 | den Begriffen »sex« und »gender« vornimmt. »Sex« bezieht |
| 8 | sich auf das biologische Geschlecht und »gender« auf die |
| 9 | Geschlechterrollen, die sozial und kulturell zugewiesen |
| 10 | werden. Zur Verdeutlichung hier ein Beispiel: Zwar können |
| 11 | ausschließlich Frauen Kinder gebären, das ist biologisch |
| 12 | bedingt (sex). Es ist jedoch nicht von biologischen |
| 13 | Kriterien abhängig, wer die Kinder aufzieht. Das ist von den |
| 14 | sozialen und kulturellen Rollenzuweisungen in einer |
| 15 | Gesellschaft abhängig (gender) und damit politisch oder |
| 16 | gesellschaftlich veränderbar. |
| 17 | Um genau diese veränderbaren sozialen und kulturellen |
| 18 | Rollenzuweisungen geht es bei Gender zum einen, denn in |
| 19 | unserer Gesellschaft werden den Mädchen bzw. Frauen und den |
| 20 | Jungen bzw. Männern immer noch bestimmte Rollen, Aufgaben |
| 21 | und Verhaltensweisen aufgrund ihres Geschlechtes zugewiesen. |
| 22 | Zum anderen geht es aber zusätzlich um die gesellschaftliche |
| 23 | Bewertung dieser Rollen und um die so genannten |
| 24 | Geschlechterverhältnisse, also die Art der Beziehungen |
| 25 | zwischen Männern und Frauen. Denn die oben genannten |
| 26 | Rollenzuweisungen stehen zurzeit nicht neutral bzw. |
| 27 | gleichwertig nebeneinander, sondern bringen erhebliche |
| 28 | Nachteile für die Mädchen und Frauen mit sich. Mädchen und |
| 29 | Frauen stehen in der Hierarchie in dieser Gesellschaft weit |
| 30 | unter den Jungen und Männern, Weibliches wird eher negativ |
| 31 | und geringer bewertet; Männliches dagegen eher positiv und |
| 32 | hoch. |
| 33 | |
| 34 | Mainstreaming |
| 35 | »mainstreaming« heißt wörtlich übersetzt »Hauptfluss« und |
| 36 | meint, dass ein bestimmtes Handeln – hier das Vorantreiben |
| 37 | der Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter – |
| 38 | zum normalen Handlungsmuster einer Organisation oder der |
| 39 | Gesellschaft wird. |
| 40 | |
| 41 | Das Prinzip Gender Mainstreaming |
| 42 | Last but not least kommen wir nun zur Definition des |
| 43 | »Prinzips« von GM. Hier können wir auf die Begriffsklärung |
| 44 | der Arbeitsgruppe »Gender Mainstreaming« des |
| 45 | Landesjugendrings zurück greifen. Danach ist Gender |
| 46 | Mainstreaming ein neuer Ansatz, um die Gleichstellung der |
| 47 | Geschlechter zu verwirklichen. Diese Zielsetzung soll nicht |
| 48 | mehr als Sonderthema behandelt werden. Sie muss stattdessen |
| 49 | als ein wichtiger selbstverständlicher Bestandteil in alle |
| 50 | gesellschaftspolitischen, gesetzgeberischen und |
| 51 | wirtschaftlichen Entscheidungen einfließen. Das bedeutet, |
| 52 | dass Geschlechterpolitik eine Querschnittsaufgabe ist. In |
| 53 | allen Lebensbereichen, insbesondere auch der Politik, müssen |
| 54 | Konzepte entwickelt werden, mit denen Maßnahmen und |
| 55 | Regelungen dahingehend hinterfragt werden, ob Frauen und |
| 56 | Männer unterschiedlich betroffen sind und welche |
| 57 | Auswirkungen das hat. Gender Mainstreaming ist somit ein |
| 58 | Grundprinzip, das in der täglichen Arbeit zu beachten und in |
| 59 | allen Bereichen und auf allen Ebenen mit Inhalten zu füllen |
| 60 | ist. Merke: Gender Mainstreaming ist nur in Ergänzung zu |
| 61 | geschlechtsspezifischer Arbeit, also der Arbeit nur mit |
| 62 | Mädchen oder Jungen, möglich. |
| 63 | Es geht also diesmal um beide Geschlechter, um ihre |
| 64 | jeweilige Ausgangsposition und Chancen in dieser |
| 65 | Gesellschaft und ihr politisches Verhältnis zueinander. |
| 66 | Neu ist außerdem, dass alle, Männer und Frauen, prinzipiell |
| 67 | und immer in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen |
| 68 | dazu beitragen sollen, dass die Gleichstellung der |
| 69 | Geschlechter verwirklicht wird. GM soll sich wie ein roter |
| 70 | Faden durch die Arbeit deiner Organisation ziehen und schon |
| 71 | zu Beginn eines jeden Vorhabens, eines jeden Prozesses |
| 72 | berücksichtigt werden. |
| 73 | Was das bedeutet, lässt sich an einem Beispiel aus einem |
| 74 | anderen Bereich, den Finanzen, leicht veranschaulichen. |
| 75 | Unabhängig davon, welche Vorhaben, Aktionen oder Maßnahmen |
| 76 | du planst, immer stellst du grundsätzlich und von Anfang an |
| 77 | die Frage nach den jeweiligen Kosten. Ein Kosten- bzw. |
| 78 | Finanzierungsplan wird schon zu Beginn erstellt. Seine |
| 79 | Einhaltung überprüfst du zwischendurch und am Ende immer |
| 80 | wieder. |
| 81 | |
| 82 | Gender Mainstreaming als Top-Down-Prozess |
| 83 | Ursprünglich ist das Prinzip GM als Top-Down-Prozess |
| 84 | gedacht. Die Spitze einer jeden Organisation soll zuerst die |
| 85 | Verantwortung für die Umsetzung des GM-Prinzips haben, da |
| 86 | diese auch über die finanziellen, personellen und |
| 87 | organisatorischen Rahmenbedingungen entscheidet. Erst später |
| 88 | soll GM dann auch von allen anderen Mitarbeiter-inne-n der |
| 89 | Organisation getragen werden. |
| 90 | Dieser »von-oben-nach-unten«-Prozess funktioniert in der |
| 91 | Jugendarbeit in der Regel nicht. Auch deine Praxis wird dir |
| 92 | sicherlich gezeigt haben, dass viele Neuerungen und |
| 93 | Veränderungsprozesse nicht von den Vorständen kommen, |
| 94 | sondern von Gruppen und Einzelpersonen. Außerdem sind viele |
| 95 | Mitglieder nicht nur Basis, also Jugendleiter-in oder |
| 96 | Ähnliches, sondern oft auch gleichzeitig Vorstandsmitglied. |
| 97 | Sie haben eine Doppelfunktion und sind sowohl Top (oben) als |
| 98 | auch Bottom (unten). Sie wirken als Basis in den Vorstand |
| 99 | (Bottom up) und als Vorstandsmitglied auf die Prozesse z.B. |
| 100 | in der Gruppenarbeit (Top down). |
| 101 | Deshalb musst du nicht erst warten, bis dein Vorstand GM auf |
| 102 | die Tagesordnung setzt, sondern kannst unabhängig davon |
| 103 | schon mal in deiner Gruppenarbeit beginnen. Wenn du in |
| 104 | deiner Arbeit merkst, dass die Umsetzung von GM in deiner |
| 105 | Organisation insgesamt stärker in Angriff genommen werden |
| 106 | sollte, dann bring doch entsprechende Vorschläge und Anträge |
| 107 | in eure Gremien ein. |
| 108 | |
| 109 | Gender Mainstreaming ist nur ein Werkzeug |
| 110 | Zum Schluss ist noch zu bedenken, dass GM lediglich ein |
| 111 | Instrument, ein Werkzeug zur Umsetzung einer |
| 112 | Geschlechtergleichstellung ist. Die politische |
| 113 | Auseinandersetzung darüber, wie die Verhältnisse zwischen |
| 114 | den Geschlechtern anders zu gestalten sind, muss ergänzend |
| 115 | hinzu kommen. Wer soll also unabhängig vom Geschlecht welche |
| 116 | Aufgaben erfüllen und warum und welche Wertschätzungen |
| 117 | erfahren diese in der Gesellschaft? Grundlagen für diesen |
| 118 | Auseinandersetzungsprozess sollten in Mädchen- bzw. Frauen- |
| 119 | und Jungen- bzw. Männergruppen, -arbeitskreisen und anderen |
| 120 | entsprechenden Netzwerken in deiner Organisation gewonnen |
| 121 | werden. Deshalb sagt der letzte Satz in der GM-Definition |
| 122 | des Landesjugendrings, dass Gender Mainstreaming nur in |
| 123 | Ergänzung zu geschlechtsspezifischer Arbeit möglich ist. |
| 124 | |
| 125 | Gender Mainstreaming in der Gruppenarbeit |
| 126 | So, nun hast du einen groben Überblick darüber, was das |
| 127 | Prinzip Gender Mainstreaming ist. Offen ist nun noch, wie GM |
| 128 | ganz praktisch in deine Gruppenarbeit kommt. |
| 129 | Wie du sicherlich bemerkt hast und wir am Anfang des Textes |
| 130 | ja auch schon gesagt haben, ist GM keine pädagogische |
| 131 | Maßnahme. Deshalb können wir dir hier auch keine |
| 132 | pädagogischen Konzepte und Methoden liefern, mit denen du |
| 133 | ansonsten zu arbeiten gewohnt bist. Bei GM geht es vielmehr |
| 134 | darum, die Entscheidungsprozesse deiner Organisation zu |
| 135 | verändern. Dies geschieht, in dem du bei allen Maßnahmen, |
| 136 | Projekten, Themen, Situationen etc. jeweils die Ausgangslage |
| 137 | der Mädchen und jungen Frauen und die der Jungen und jungen |
| 138 | Männer erfasst und gemäß dem Ziel der Gleichstellung der |
| 139 | Geschlechter Schlussfolgerungen und Handlungen daraus |
| 140 | ableitest. |
| 141 | |
| 142 | Schlüsselfragen als Methode |
| 143 | Die Methode ist also, viele und die richtigen Fragen, die so |
| 144 | genannten »Schlüsselfragen«, zu stellen. Dies geschieht im |
| 145 | GM-Prozess in folgenden vier Schritten: |
| 146 | |
| 147 | SCHLÜSSELFRAGEN (ist im Buch eine Tabelle) |
| 148 | 1. Schritt: Bestandsaufnahme Diese kann sich auf die |
| 149 | Gesellschaft beziehen, auf deinen Verband, auf ein |
| 150 | bestimmtes Thema, auf einzelne Maßnahmen und Projekte, je |
| 151 | nachdem, wie du es gerade brauchst. |
| 152 | 2. Schritt: Zielsetzungen formulieren ... immer gemessen an |
| 153 | dem Oberziel der Gleichstellung der Geschlechter. |
| 154 | 3. Schritt: Maßnahmen entwickeln und umsetzen Hier können |
| 155 | dich die Fachfrauen und -männer aus der Mädchen- bzw. |
| 156 | Jungenarbeit sowie aus der geschlechtsbewussten Pädagogik |
| 157 | unterstützen. Außerdem ist natürlich dieses Handbuch eine |
| 158 | kleine Hilfestellung. |
| 159 | 4. Schritt: Erfolgskontrolle (Evaluation) und Bewertung Du |
| 160 | misst deine Arbeit hinsichtlich der Zielerreichung und |
| 161 | ziehst Schlussfolgerungen für die Folgemaßnahmen daraus. |
| 162 | |
| 163 | |
| 164 | Nachhaltige Verankerung von Gender Mainstreaming |
| 165 | Um GM dauerhaft und nachhaltig in deiner Organisation zu |
| 166 | verankern, sollten drei Ebenen ins Visier genommen werden, |
| 167 | nämlich die erste Ebene der Strukturen und Handlungsfelder |
| 168 | der Organisation insgesamt, die zweite Ebene der ehren- und |
| 169 | hauptamtlichen Mitarbeiter-innen und die dritte Ebene der |
| 170 | Maßnahmen und Projekte, die sich an die Kinder und |
| 171 | Jugendlichen, also die Mädchen bzw. jungen Frauen und Jungen |
| 172 | bzw. jungen Männer richten. |
| 173 | Das kannst du natürlich auf keinen Fall alles allein |
| 174 | schaffen, dein Schwerpunkt wird vorrangig auf der Ebene der |
| 175 | Maßnahmen und Projekte liegen. Die anderen beiden Ebenen |
| 176 | stehen eher in der Verantwortung deiner Vorstände. Sprich |
| 177 | sie doch einfach mal an und begeistere sie für GM. Zur |
| 178 | Unterstützung dafür und für eine ausführlichere |
| 179 | Beschäftigung mit diesem Thema empfehlen wir dir das |
| 180 | »Handbuch zur Qualitätsentwicklung in der |
| 181 | Jugendverbandsarbeit« des LJR. |
| 182 | Im Folgenden haben wir eine kleine Auswahl von |
| 183 | Schlüsselfragen zusammengestellt, die dir dabei helfen |
| 184 | sollen, deine Gruppenarbeit sowie Projekte und Maßnahmen zu |
| 185 | »gendern«. Versuch doch einfach mal, zusammen mit anderen |
| 186 | Gruppenleiter-inne-n die Fragen zu beantworten. Solltet ihr |
| 187 | dabei Lust auf mehr bekommen, findet ihr unter |
| 188 | www.jugendserver-niedersachsen.de ausführlichere |
| 189 | Fragelisten. |
| 190 | Wir wünschen dir viel Spaß bei der Umsetzung! |
Der Text verglichen mit der Originalversion
| 1 | Los geht’s, beginnen wir mit der Definition von GM: |
| 2 | |
| 3 | Gender |
| 4 | Der englische Begriff »gender« wurde gewählt, weil die |
| 5 | englische Sprache anders als die deutsche, die nur über den |
| 6 | Begriff »Geschlecht« verfügt, eine Unterscheidung zwischen |
| 7 | den Begriffen »sex« und »gender« vornimmt. »Sex« bezieht |
| 8 | sich auf das biologische Geschlecht und »gender« auf die |
| 9 | Geschlechterrollen, die sozial und kulturell zugewiesen |
| 10 | werden. Zur Verdeutlichung hier ein Beispiel: Zwar können |
| 11 | ausschließlich Frauen Kinder gebären, das ist biologisch |
| 12 | bedingt (sex). Es ist jedoch nicht von biologischen |
| 13 | Kriterien abhängig, wer die Kinder aufzieht. Das ist von den |
| 14 | sozialen und kulturellen Rollenzuweisungen in einer |
| 15 | Gesellschaft abhängig (gender) und damit politisch oder |
| 16 | gesellschaftlich veränderbar. |
| 17 | Um genau diese veränderbaren sozialen und kulturellen |
| 18 | Rollenzuweisungen geht es bei Gender zum einen, denn in |
| 19 | unserer Gesellschaft werden den Mädchen bzw. Frauen und den |
| 20 | Jungen bzw. Männern immer noch bestimmte Rollen, Aufgaben |
| 21 | und Verhaltensweisen aufgrund ihres Geschlechtes zugewiesen. |
| 22 | Zum anderen geht es aber zusätzlich um die gesellschaftliche |
| 23 | Bewertung dieser Rollen und um die so genannten |
| 24 | Geschlechterverhältnisse, also die Art der Beziehungen |
| 25 | zwischen Männern und Frauen. Denn die oben genannten |
| 26 | Rollenzuweisungen stehen zurzeit nicht neutral bzw. |
| 27 | gleichwertig nebeneinander, sondern bringen erhebliche |
| 28 | Nachteile für die Mädchen und Frauen mit sich. Mädchen und |
| 29 | Frauen stehen in der Hierarchie in dieser Gesellschaft weit |
| 30 | unter den Jungen und Männern, Weibliches wird eher negativ |
| 31 | und geringer bewertet; Männliches dagegen eher positiv und |
| 32 | hoch. |
| 33 | |
| 34 | Mainstreaming |
| 35 | »mainstreaming« heißt wörtlich übersetzt »Hauptfluss« und |
| 36 | meint, dass ein bestimmtes Handeln – hier das Vorantreiben |
| 37 | der Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter – |
| 38 | zum normalen Handlungsmuster einer Organisation oder der |
| 39 | Gesellschaft wird. |
| 40 | |
| 41 | Das Prinzip Gender Mainstreaming |
| 42 | Last but not least kommen wir nun zur Definition des |
| 43 | »Prinzips« von GM. Hier können wir auf die Begriffsklärung |
| 44 | der Arbeitsgruppe »Gender Mainstreaming« des |
| 45 | Landesjugendrings zurück greifen. Danach ist Gender |
| 46 | Mainstreaming ein neuer Ansatz, um die Gleichstellung der |
| 47 | Geschlechter zu verwirklichen. Diese Zielsetzung soll nicht |
| 48 | mehr als Sonderthema behandelt werden. Sie muss stattdessen |
| 49 | als ein wichtiger selbstverständlicher Bestandteil in alle |
| 50 | gesellschaftspolitischen, gesetzgeberischen und |
| 51 | wirtschaftlichen Entscheidungen einfließen. Das bedeutet, |
| 52 | dass Geschlechterpolitik eine Querschnittsaufgabe ist. In |
| 53 | allen Lebensbereichen, insbesondere auch der Politik, müssen |
| 54 | Konzepte entwickelt werden, mit denen Maßnahmen und |
| 55 | Regelungen dahingehend hinterfragt werden, ob Frauen und |
| 56 | Männer unterschiedlich betroffen sind und welche |
| 57 | Auswirkungen das hat. Gender Mainstreaming ist somit ein |
| 58 | Grundprinzip, das in der täglichen Arbeit zu beachten und in |
| 59 | allen Bereichen und auf allen Ebenen mit Inhalten zu füllen |
| 60 | ist. Merke: Gender Mainstreaming ist nur in Ergänzung zu |
| 61 | geschlechtsspezifischer Arbeit, also der Arbeit nur mit |
| 62 | Mädchen oder Jungen, möglich. |
| 63 | Es geht also diesmal um beide Geschlechter, um ihre |
| 64 | jeweilige Ausgangsposition und Chancen in dieser |
| 65 | Gesellschaft und ihr politisches Verhältnis zueinander. |
| 66 | Neu ist außerdem, dass alle, Männer und Frauen, prinzipiell |
| 67 | und immer in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen |
| 68 | dazu beitragen sollen, dass die Gleichstellung der |
| 69 | Geschlechter verwirklicht wird. GM soll sich wie ein roter |
| 70 | Faden durch die Arbeit deiner Organisation ziehen und schon |
| 71 | zu Beginn eines jeden Vorhabens, eines jeden Prozesses |
| 72 | berücksichtigt werden. |
| 73 | Was das bedeutet, lässt sich an einem Beispiel aus einem |
| 74 | anderen Bereich, den Finanzen, leicht veranschaulichen. |
| 75 | Unabhängig davon, welche Vorhaben, Aktionen oder Maßnahmen |
| 76 | du planst, immer stellst du grundsätzlich und von Anfang an |
| 77 | die Frage nach den jeweiligen Kosten. Ein Kosten- bzw. |
| 78 | Finanzierungsplan wird schon zu Beginn erstellt. Seine |
| 79 | Einhaltung überprüfst du zwischendurch und am Ende immer |
| 80 | wieder. |
| 81 | |
| 82 | Gender Mainstreaming als Top-Down-Prozess |
| 83 | Ursprünglich ist das Prinzip GM als Top-Down-Prozess |
| 84 | gedacht. Die Spitze einer jeden Organisation soll zuerst die |
| 85 | Verantwortung für die Umsetzung des GM-Prinzips haben, da |
| 86 | diese auch über die finanziellen, personellen und |
| 87 | organisatorischen Rahmenbedingungen entscheidet. Erst später |
| 88 | soll GM dann auch von allen anderen Mitarbeiter-inne-n der |
| 89 | Organisation getragen werden. |
| 90 | Dieser »von-oben-nach-unten«-Prozess funktioniert in der |
| 91 | Jugendarbeit in der Regel nicht. Auch deine Praxis wird dir |
| 92 | sicherlich gezeigt haben, dass viele Neuerungen und |
| 93 | Veränderungsprozesse nicht von den Vorständen kommen, |
| 94 | sondern von Gruppen und Einzelpersonen. Außerdem sind viele |
| 95 | Mitglieder nicht nur Basis, also Jugendleiter-in oder |
| 96 | Ähnliches, sondern oft auch gleichzeitig Vorstandsmitglied. |
| 97 | Sie haben eine Doppelfunktion und sind sowohl Top (oben) als |
| 98 | auch Bottom (unten). Sie wirken als Basis in den Vorstand |
| 99 | (Bottom up) und als Vorstandsmitglied auf die Prozesse z.B. |
| 100 | in der Gruppenarbeit (Top down). |
| 101 | Deshalb musst du nicht erst warten, bis dein Vorstand GM auf |
| 102 | die Tagesordnung setzt, sondern kannst unabhängig davon |
| 103 | schon mal in deiner Gruppenarbeit beginnen. Wenn du in |
| 104 | deiner Arbeit merkst, dass die Umsetzung von GM in deiner |
| 105 | Organisation insgesamt stärker in Angriff genommen werden |
| 106 | sollte, dann bring doch entsprechende Vorschläge und Anträge |
| 107 | in eure Gremien ein. |
| 108 | |
| 109 | Gender Mainstreaming ist nur ein Werkzeug |
| 110 | Zum Schluss ist noch zu bedenken, dass GM lediglich ein |
| 111 | Instrument, ein Werkzeug zur Umsetzung einer |
| 112 | Geschlechtergleichstellung ist. Die politische |
| 113 | Auseinandersetzung darüber, wie die Verhältnisse zwischen |
| 114 | den Geschlechtern anders zu gestalten sind, muss ergänzend |
| 115 | hinzu kommen. Wer soll also unabhängig vom Geschlecht welche |
| 116 | Aufgaben erfüllen und warum und welche Wertschätzungen |
| 117 | erfahren diese in der Gesellschaft? Grundlagen für diesen |
| 118 | Auseinandersetzungsprozess sollten in Mädchen- bzw. Frauen- |
| 119 | und Jungen- bzw. Männergruppen, -arbeitskreisen und anderen |
| 120 | entsprechenden Netzwerken in deiner Organisation gewonnen |
| 121 | werden. Deshalb sagt der letzte Satz in der GM-Definition |
| 122 | des Landesjugendrings, dass Gender Mainstreaming nur in |
| 123 | Ergänzung zu geschlechtsspezifischer Arbeit möglich ist. |
| 124 | |
| 125 | Gender Mainstreaming in der Gruppenarbeit |
| 126 | So, nun hast du einen groben Überblick darüber, was das |
| 127 | Prinzip Gender Mainstreaming ist. Offen ist nun noch, wie GM |
| 128 | ganz praktisch in deine Gruppenarbeit kommt. |
| 129 | Wie du sicherlich bemerkt hast und wir am Anfang des Textes |
| 130 | ja auch schon gesagt haben, ist GM keine pädagogische |
| 131 | Maßnahme. Deshalb können wir dir hier auch keine |
| 132 | pädagogischen Konzepte und Methoden liefern, mit denen du |
| 133 | ansonsten zu arbeiten gewohnt bist. Bei GM geht es vielmehr |
| 134 | darum, die Entscheidungsprozesse deiner Organisation zu |
| 135 | verändern. Dies geschieht, in dem du bei allen Maßnahmen, |
| 136 | Projekten, Themen, Situationen etc. jeweils die Ausgangslage |
| 137 | der Mädchen und jungen Frauen und die der Jungen und jungen |
| 138 | Männer erfasst und gemäß dem Ziel der Gleichstellung der |
| 139 | Geschlechter Schlussfolgerungen und Handlungen daraus |
| 140 | ableitest. |
| 141 | |
| 142 | Schlüsselfragen als Methode |
| 143 | Die Methode ist also, viele und die richtigen Fragen, die so |
| 144 | genannten »Schlüsselfragen«, zu stellen. Dies geschieht im |
| 145 | GM-Prozess in folgenden vier Schritten: |
| 146 | |
| 147 | SCHLÜSSELFRAGEN (ist im Buch eine Tabelle) |
| 148 | 1. Schritt: Bestandsaufnahme Diese kann sich auf die |
| 149 | Gesellschaft beziehen, auf deinen Verband, auf ein |
| 150 | bestimmtes Thema, auf einzelne Maßnahmen und Projekte, je |
| 151 | nachdem, wie du es gerade brauchst. |
| 152 | 2. Schritt: Zielsetzungen formulieren ... immer gemessen an |
| 153 | dem Oberziel der Gleichstellung der Geschlechter. |
| 154 | 3. Schritt: Maßnahmen entwickeln und umsetzen Hier können |
| 155 | dich die Fachfrauen und -männer aus der Mädchen- bzw. |
| 156 | Jungenarbeit sowie aus der geschlechtsbewussten Pädagogik |
| 157 | unterstützen. Außerdem ist natürlich dieses Handbuch eine |
| 158 | kleine Hilfestellung. |
| 159 | 4. Schritt: Erfolgskontrolle (Evaluation) und Bewertung Du |
| 160 | misst deine Arbeit hinsichtlich der Zielerreichung und |
| 161 | ziehst Schlussfolgerungen für die Folgemaßnahmen daraus. |
| 162 | |
| 163 | |
| 164 | Nachhaltige Verankerung von Gender Mainstreaming |
| 165 | Um GM dauerhaft und nachhaltig in deiner Organisation zu |
| 166 | verankern, sollten drei Ebenen ins Visier genommen werden, |
| 167 | nämlich die erste Ebene der Strukturen und Handlungsfelder |
| 168 | der Organisation insgesamt, die zweite Ebene der ehren- und |
| 169 | hauptamtlichen Mitarbeiter-innen und die dritte Ebene der |
| 170 | Maßnahmen und Projekte, die sich an die Kinder und |
| 171 | Jugendlichen, also die Mädchen bzw. jungen Frauen und Jungen |
| 172 | bzw. jungen Männer richten. |
| 173 | Das kannst du natürlich auf keinen Fall alles allein |
| 174 | schaffen, dein Schwerpunkt wird vorrangig auf der Ebene der |
| 175 | Maßnahmen und Projekte liegen. Die anderen beiden Ebenen |
| 176 | stehen eher in der Verantwortung deiner Vorstände. Sprich |
| 177 | sie doch einfach mal an und begeistere sie für GM. Zur |
| 178 | Unterstützung dafür und für eine ausführlichere |
| 179 | Beschäftigung mit diesem Thema empfehlen wir dir das |
| 180 | »Handbuch zur Qualitätsentwicklung in der |
| 181 | Jugendverbandsarbeit« des LJR. |
| 182 | Im Folgenden haben wir eine kleine Auswahl von |
| 183 | Schlüsselfragen zusammengestellt, die dir dabei helfen |
| 184 | sollen, deine Gruppenarbeit sowie Projekte und Maßnahmen zu |
| 185 | »gendern«. Versuch doch einfach mal, zusammen mit anderen |
| 186 | Gruppenleiter-inne-n die Fragen zu beantworten. Solltet ihr |
| 187 | dabei Lust auf mehr bekommen, findet ihr unter |
| 188 | www.jugendserver-niedersachsen.de ausführlichere |
| 189 | Fragelisten. |
| 190 | Wir wünschen dir viel Spaß bei der Umsetzung! |
-
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